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Kantone sparen auf dem Buckel privater Spitex-Anbieter 185 Mio. Franken

Im Durchschnitt hat 2014 jeder der 268‘715 ambulant betreuten Spitex-Kunden in der Langzeitpflege zuhause im Jahr 7486 Franken gekostet – weniger als eine stationärer Pflegekunde im Heim im Monat (durchschnittlich: 8740 Franken). Mit insgesamt verrechneten 18,5 Millionen Pflegestunden erwirtschafteten die 579 gemeinnützigen und 293 profitorientierten Unternehmen sowie 694 selbstständige Pflegefachpersonen rund zwei Milliarden Franken. In der kostengünstigen ambulanten Spitex-Pflege liegt die Schweiz im europäischen Vergleich weit hinter Spitzenländern wie Dänemark, Norwegen und Österreich zurück, was heisst: Andere Länder sind im Vergleich mit der Schweiz deutlich stärker einer Strategie „ambulant vor stationär“ verpflichtet.

Spitex-Rivalität

Begründet mit der Versorgungspflicht, die sie mit ihren Organisationen sicherstellen, werden die öffentlich-rechtlichen und gemeinnützigen Spitex-Anbieter massiv privilegiert. So geht es aus einer Studie hervor, die die Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Uni Basel im Auftrag des Verbandes der privaten Anbieter von Spitex-Leistungen durchgeführt haben.

 

Die erwerbswirtschaftlichen (EWS) leisten mehr Stunden pro Klient und arbeiten zu niedrigeren Kosten pro Stunde als die öffentlichen und gemeinnützigen Spitex-Organisationen (ÖGS). ÖGS verrechnen im Durchschnitt CHF 118.-, EWS CHF 68.- und selbstständige Pflegefachpersonen CHF 87.- pro Stunde Pflege. Im Durchschnitt erhalten ÖGS pro Stunde CHF 56.70, EWS lediglich CHF 9.20.

 

Umgerechnet auf die 3,9 Millionen Stunden, die von privaten Pflege-Institutionen und selbstständigen Pflegefachpersonen 2014 geleistet wurden (von total 18,7 Millionen ambulanten Pflege-Stunden), wurden ihnen rund 185 Millionen Franken vorenthalten. Weil 14 Kantone bei der Restfinanzierung immer noch zwischen privaten und öffentlichen Leistungserbringern unterscheiden. Weil in neun Kantonen die öffentliche Hand sogar überhaupt keine Beiträge an nicht öffentlich-rechtliche oder nicht gemeinnützige Pflege-Institutionen ausrichtet.

 

Wörtlichen hält die Studie fest: „Der Slogan ‚ambulant vor stationär‘ ist populär, allein die Organisation der Pflege steht dessen Umsetzung im Wege. Lokale Pflegemärkte werden gegenüber privatwirtschaftlichen Einrichtungen abgeschottet, indem Gemeinden in eigenen Einrichtungen die Pflege für ihre Einwohner organisieren oder sie an gemeinnützige Organisationen übertragen, die sie im Gegenzug bezuschussen. Die Versorgungspflicht rechtfertigt solche selektive Verträge mit gemeinnützigen Organisationen mit gleichzeitigem Ausschluss von privaten Einrichtungen nicht. Im Gegenteil sollten die Märkte für Pflegedienstleistungen geöffnet werden. Dann wäre damit zu rechnen, dass der Anteil der ambulanten Versorgung in der Pflege zunimmt und somit ein wesentlicher Beitrag zur Entschärfung des Problems steigender Pflegeausgaben geleistet würde.“

 

Eine solche Diskriminierung nach Trägerschaft gibt es im akutstationären Bereich der medizinischen Versorgung der Schweiz nach Swiss DRG nicht. Alle Spitäler werden gleich behandelt, egal ob öffentlich-rechtlich, gemeinnützig oder erwerbswirtschaftlich orientiert.

 

Und so sieht die höchst unterschiedliche durchschnittliche jährliche „Restfinanzierung“ für ambulante und stationäre Langzeitpflege in den 26 Kantonen der Schweiz aus:

 

  •  Ambulant (pro Kopf der Bevölkerung):

 

1.GE 497 Franken; 2. JU 367 Franken; 3. VD 365 Franken; 4. BS 292 Franken; 5. NE 289 Franken; 6. BE 279 Franken; 7. TI 239 Franken; 8. VS 221 Franken; 9. BL 216 Franken; 10. ZH 207 Franken; 11. SH 197 Franken; 12. SO 195 Franken, 13. GR 193 Franken, 14. ZG 183 Franken; 15. LU 175 Franken; 16. FR 167 Franken; 17. AR 166 Franken; 18. AI 162 Franken; 19. UR 156 Franken; 20. TG 156 Franken; 21. SG 154 Franken; 22. NW 144 Franken; 23. AG 141 Franken; 24. OW 137 Franken; 25. GL 134 Franken; 26. SZ 130 Franken.

 

 

  • Stationär (pro Kopf der Bevölkerung):

 

1. AR 1699 Franken; 2. SH 1635 Franken; 3. BS 1596 Franken; 4. NE 1484 Franken; 6.BE 1368 Franken; 7. UR 1351 Franken; 8. ZH 1315 Franken 8. GL 1197 Franken; 9. LU 1196 Franken; 10. GR 1156 Franken; 11. GE 1137 Franken; 12. TI 1122 Franken;13. BL 1084 Franken; 14. OW 1061 Franken; 15. SZ 1055 Franken; 16. FR 1046 Franken; 17. ZG 1031 Franken; 18. SG 1005 Franken; 19. UR 1051 Franken;20. JU 976 Franken; 21. TG 939 Franken; 22. SO 938 Franken; 23. VD 916 Franken; 24. NW 907 Franken; 25. AG 868 Franken; 26. AI 742 Franken.

 

 

  • Stationär und ambulant (pro Kopf der Bevölkerung):

 

1. BS 1888 Franken; 2. AR 1865 Franken; 3. SH 1832 Franken; 4. NE 1773 Franken; 5. BE 1647 Franken; 6. GE 1634 Franken; 7. ZH 1522 Franken; 8. UR 1507 Franken; 9. LU 1370 Franken; 10. TI 1361 Franken; 11. GR 1348 Franken; 12. JU 1343 Franken; 13. GL 1331 Franken; 14. BL 1300 Franken; 15. VD 1281 Franken; 16. FR 1213 Franken; 17. ZG 1213 Franken; 18. OW 1197 Franken; 19. SZ 1185 Franken; 20. SG 1159 Franken; 21. SO 1133 Franken; 22. TG 1095 Franken; 23. NW 1051 Franken; 24. VS 1038 Franken; 25. AG 1009 Franken; 26. AI 904 Franken;

 

 

 

Quelle: „Die Rolle der privaten Spitex in der ambulanten Pflege – heute und in 20 Jahren“, Schlussbericht zuhanden der Association Spitex privée Suisse (ASPS), Projektleitung: Prof. Dr. Stefan Felder, Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Universität Basel

 


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