In den letzten zehn Jahren sind in der Schweiz bei unbegleiteten, minderjährigen Asylsuchenden (UMA) medizinische Alterstest im Umfang von 1,4 Millionen Franken durchgeführt worden. Dies entspricht den Kosten für rund 900 Testpersonen, durchschnittlich 90 pro Jahr. Um Asyl nachgesucht haben in dieser Zeit rund 9500 UMA. Mit andern Worten: Es sind bei weniger als 10 Prozent der Asylsuchenden Zweifel über deren Altersangaben aufgekommen und medizinische Abklärungen angeordnet worden.
Über die Kosten der Alterstests führt die Staatsrechnung des Bundes Buch, und zwar unter der dem Stichwort «Handknochenanalysen» bei den Betriebsausgaben der Empfangs- und Verfahrenszentren. Bei der Handknochenanalyse handelt es sich um eine vereinfachte Methode der Handradiografie (Kosten: 100 Franken) und/oder die Kosten der wissenschaftlichen Methode des sogenannten Drei-Säulen-Modells (Kosten: 1500 Franken). Diese Beträge sind der Antwort des Eidg. Justiz- und Polizeidepartements auf eine Interpellation der SVP-Fraktion entnommen.
In der Schweiz wurden zwischen 2008 und 2017 um die 8700 UMA aufgenommen, darunter die drei grössten Ländergruppen: aus Eritrea 2931, aus Afghanistan 1746 und aus Somalia 733. Aus dem kriegsversehrten Syrien vergleichsweise wenige, nämlich: etwas mehr als 400 seit Beginn des Syrien-Krieges.
Im Jahr 2016, auf das sich die SVP-Interpellation bezieht, waren 7,3 Prozent aller Asylsuchenden, nämlich genau 1997 unbegleitete, minderjährige Asylsuchende (UMA). Zweifel über die Altersangaben kamen bei 250 von ihnen auf, d.h. bei etwa 12 bis 13 Prozent. Die Abklärung kostete knapp 400'000 Franken. Je nach Zeitraum, in 50 bis 60 Prozent der Fälle hat sich laut EJPD gezeigt, dass die behauptete Minderjährigkeit nicht zutraf. Kurz: etwas mehr als 6 Prozent der geprüften UMA haben sich jünger gemacht als sie in Wirklichkeit waren.
Ganz andere Zahlen werden aus anderen europäischen Ländern gemeldet: In Schweden zum Beispiel waren 2017 bei einem Testlauf mit 581 Personen 75 Prozent der betroffenen Asylbewerber bereits über 18 Jahre alt. Wie in der Schweiz stammen die meisten UMA aus Eritrea, Afghanistan und Somalia.
Auch Deutschland wartet mit deutlich höheren «Schummel-Zahlen» auf, je nach Ort der Tests. In Hamburg zum Beispiel war 2016 und 2017 bei Tests jeweils fast jeder zweite unbegleitete junge Flüchtling volljährig. In Österreich waren von 3000 getesteten UMA 41 Prozent bereits volljährig.
Wie die SVP in ihrer Interpellation schreibt, hat Norwegen 2014 das Alter von drei Viertel aller UMA überprüft mit dem Ergebnis, dass jeder Dritte bei der Altersangabe gelogen hatte. Auch Dänemark und Finnland schickten offenbar einen von drei UMA zur Altersbestimmung – jeder Vierte oder jeder Fünfte wurde danach als erwachsen beurteilt. Daneben nimmt sich das Ergebnis der Schweiz, die in all den Jahren 2015 am meisten Tests mit Kosten von 480'000 Franken durchführen liess, bescheiden aus: Überprüft wurden – berechnet auf Fallkosten von 1500 Franken – 320 UMA von 2736, d.h. 12 Prozent.
Das EJPD bzw. sein federführendes Staatssekretariat für Migration geht mit seinen Zweifeln mithin sparsam um.
Die «Altersbestimmung» bzw. «Altersfestellung» ist aus verschiedenen Gründen umstritten. «Es gibt heutzutage keine wissenschaftliche Methode, die erlauben würde, das Alter eines 15- bis 20-Jährigen genau zu bestimmen und sicher zu entscheiden, ob er voll- oder minderjährig ist», schreibt etwa die Schweizerische Gesellschaft für Pädiatrie in einem Beitrag in der «Ärztezeitung». Auch die deutsche Bundesärztekammer zeigt sich abgeneigt und wehrt sich gegen die Forderung der regierenden CDU/CSU (neu mit CSU-Innenminister Horst Seehofer) gegen die Forderung, junge Flüchtlinge künftig umfassend medizinischen Alterstests zu unterziehen. Die dafür nötigen Röntgenuntersuchungen seien ein «Eingriff in die körperliche Unversehrtheit».
Minderjährige geniessen als Asylanten überall in Westeuropa besonderen Schutz und eine privilegierte Behandlung. Entsprechend teuer ist ihre Unterbringung und Betreuung inkl. weiterer Kosten. Die Konferenz der kantonalen Sozialdirektoren (SODK) rechnet mit Durchschnittskosten bei aktueller Unterbringung und nur in den von der SODK empfohlenen Unterbringungsformen pro UMA und Tag mit 132 Franken – das sind 45'000 bis 50'000 Franken, etwa das Doppelte erwachsener Asylanten.