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AHV-"Prognosen": Irren in Milliardenhöhe

Das AHV-"Märchen" geht erneut in die Verlängerung. Dies ist die gute Nachricht und auch 2018 könnte unter dem Strich ein positives Betriebsergebnis herausschauen. Die schlechte Nachricht: Die Prognosen des Bundesamtes für Sozialversicherungen (BSV), als Annahmen aus möglichen Entwicklungsszenarien bis ins Jahr 2035 präsentiert, sind – wie schon in früheren Jahren – bereits heute nicht zum Vollwert zu nehmen.

 

Der Pulverdampf hat sich verzogen, der unverstellte Blick auf die Fakten ist nach der Auseinandersetzung um die Altersreform 2020 wieder gestattet. 2008 sind die ersten Babyboomer in Rente gegangen, 2025 folgen bis 2036 jene Jahrgänge, um die sich alles dreht: Jahre mit über 100'000 Geburten. Würde bis dahin an der Finanzierung nichts gemacht, häuften sich bei der Umverteilung Jahresdefizite von 4 bis 12 Milliarden Franken, total 90 bis 100 Milliarden. Selbstverständlich werden die AHV-Finanzen aber nicht im Stich gelassen, sondern es wird sich ein Mix aus Möglichkeiten finden, um den Kassenstand im Lot zu halten. Darum geht es hier nicht.

 

Vielmehr interessiert der Wahrheitsgehalt solcher Prognosen, die der Politik den Weg weisen sollen.

 

Die BSV-Prognosen seit 2014 lassen Zweifel aufkommen. 2014 war das Umlageergebnis zehnmal schlechter als angenommen, gleichzeitig war das Anlageergebnis ungleich besser als aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung (Lohnindex, Strukturwandel, Preise) vorausgesagt: 1,8 Milliarden statt 720 Millionen. 2015 traf wieder nichts auch nur halbwegs ein: das negative Umlageergebnis war viermal höher als die BSV-Annahme und statt einem Anlageertrag von 870 Millionen setzte es einen Verlust von 240 Millionen ab – Differenz über eine Milliarde!

 

2016 liess zumindest das Anlageergebnis hoffen, dass die BSV-Auguren Zielwasser gerochen hätten. Tatsächlich konnte der Anlageerlös mit einer Milliarde eine Punktlandung genannt werden. Doch mit dem Umlageergebnis klappte es wieder nicht: Das Minus war mit 770 Millionen rund neunmal grösser als angenommen.

 

Völlig aus dem Ruder scheint den BSV-Sehern das Jahr 2017 gelaufen zu sein (Stand November 2017). Bis Ende Jahr sollte das negative Umlageergebnis 500 Millionen betragen, tatsächlich war es Ende November bereits viermal grösser (über 2 Milliarden). Und auch mit dem Anlageerlös dürfte die tatsächliche Summe – vorausgesagt ist eine Milliarde – zuletzt gut doppelt so hoch ausfallen. Ende November bezifferte ihn die AHV-Zentralstelle mit 1,9 Milliarden.

Für 2018 geht das BSV von einem negativen Umlageergebnis von 355 Millionen aus. Das ist in etwa gleich viel wie der AHV zustünde, wenn sie von der 1999 beschlossenen Erhöhung der Mehrwertsteuer um ein Prozent («Demografieprozent») nicht nur 87 Prozent, sondern alles bekommen würde. Jene 13 Prozent des Demografieprozents, die für die allgemeine Bundeskasse abgezwackt werden, machen seit Jahren um die 350 Millionen aus. Als Anlageerlös sind 1,2 Milliarden angenommen. Man darf aufgrund der Erfahrungen der letzten Jahre von einer Punktlandung oder dem Doppelten ausgehen.


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