Die Sozialhilfe als letztes Auffangnetz ist nur eine von verschiedenen bedarfsabhängigen Sozialleistungen im schweizerischen Sozialsystem – und mit knapp 2,5 Milliarden Franken bei weitem nicht die kostspieligste. Alle bedarfsabhängigen Sozialleistungen zusammen bewegen sich in den Grössenordnung von 16 Milliarden Franken.
Im Unterschied zu den Sozialversicherungen, die auf Bundesebene geregelt sind, fallen die bedarfsabhängigen Sozialleistungen in die Zuständigkeit der Kantone und Gemeinden. Die Finanzstatistik der bedarfsabhängigen Sozialleistungen, wie sie das Bundesamt für Statistik (BfS) für das Jahr 2012 (jüngste Erhebung) zusammengestellt hat, zeigt folgendes Bild: Total sind bedarfsabhängige Sozialleistungen im Betrag von 12,7 Mrd. Franken ausbezahlt worden, woran sich der Bund mit 4,12 Mrd., die Kantone mit 5,6 Mrd. und die Gemeinden mit 3 Mrd. beteiligt haben.
Die bedarfsabhängigen Sozialleistungen werden vom BfS in vier Kategorien unterteilt:
- Leistungen zur Sicherstellung der Grundversorgung: Stipendien, Opferhilfe, unentgeltliche Rechtshilfe, Zuschüsse an Sozialversicherungsbeiträge, Verbilligung und Übernahme von Prämien der obligatorischen Krankenversicherung. Diese Bedarfsleistungen sind in der Bundesgesetzgebung verankert und finden sich in allen Kantonen.
- Leistungen in Ergänzung ungenügender oder erschöpfter Sozialversicherungsleistungen: Bestimmte bedarfsabhängige Sozialleistungen setzen dann ein, wenn die Leistungen der Sozialversicherungen den Bedarf nicht abdecken. So werden bedarfsabhängig Geburtsbeihilfen, Mutterschaftsbeihilfen und Familienbeihilfen als Ergänzung zu den Kinderzulagen ausgerichtet. Weitere Leistungen bestehen als Ergänzung zu AHV und IV (seit 2012 zwei getrennte Fonds), zur Arbeitslosenversicherung und zur Krankenversicherung. Diese Leistungen sind primär kantonal geregelt.
- Leistungen in Ergänzung mangelnder privater Sicherung: Wo keine eigene Rücklagen vorhanden sind oder eine familiäre Unterhaltspflicht nicht geleistet wird, kommen bei Bedarf individuelle Wohnkostenzuschüsse oder die Alimentenbevorschussung zum Zug. Auch diese Leistungen sind primär kantonal geregelt.
- Bedarfsabhängige Sozialleistungen im Rahmen der öffentlichen Sozialhilfe: Die „klassische“, aus den kantonalen und kommunalen Steuermitteln gespiesene Sozialhilfe als letztes Netz im System der sozialen Sicherheit, wie sie die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) schweizweit definiert. Zu dieser Kategorie gehört auch die hauptsächlich aus Bundesmitteln finanzierte Sozialhilfe im Asyl- und im Flüchtlingsbereich sowie die Asyl-Nothilfe.
Die einzelnen Gesamtleistungen im Überblick:
- 4,4 Mrd. Franken für Ergänzungsleistungen zur AHV und zur IV (Bund: 1,3 Mrd., Kantone: 2 Mrd., Gemeinden: 1,1 Mrd.)
- 4,2 Mrd. Franken für Prämienverbilligung oder Übernahme (Bund: 2,2 Mrd., Kantone: 1,8 Mrd., nicht zuteilbar: 0,2 Mrd.).
- 2,4 Mrd. Franken für Sozialhilfe „klassisch“ (Bund: 0,7 Mio., Kantone: 0,93 Mrd., Gemeinden: 1,4 Mrd.).
- 398 Mio. Franken für Alters- und Pflegebeihilfen (Kantone: 263 Mio., Gemeinden: 135 Mio.).
- 374 Mio. Franken für Sozialhilfe im Asylbereich (Bund: alles).
- 302 Mio. Franken für Ausbildungsbeihilfen (Bund: 25 Mio., Kantone: 277 Mio.).
- 154 Mio. Franken für Sozialhilfe im Flüchtlingsbereich (Bund: alles)
- 114 Mio. Franken für unentgeltliche Rechtspflege (Kantone: 114 Mio., Gemeinden: 26‘985 Franken). Bei einem Advokaten-Ansatz von 300 Franken/Std. ergibt dies über 380‘000 Rechtsberatungsstunden.
- 109 Mio. Franken für Familienbeihilfen (Kantone: 63 Mio., Gemeinden: 19 Mio., nichtzuteilbar: 28 Mio.).
- 96 Mio. Franken für Alimentenbevorschussung (Kantone: 28 Mio., Gemeinden 68 Mio.).
- 67 Mio. Franken für Asyl-Nothilfe (Bund: 58 Mio., nicht zuteilbar: 9 Mio.)
- 48 Mio. Franken für Wohnbeihilfen (Kantone: 48 Mio., Gemeinden 0,2 Mio.).
- 39 Mio. Franken für Jugendhilfe (Kantone: alles).
- 20 Mio. Franken Arbeitslosenhilfe (Kantone: 7,2 Mio., Gemeinden: 6 Mio. nicht zuteilbar: 6,4 Mio.).
- 14 Mio. Franken für Zuschüsse Sozialversicherungsbeiträge AHV/IV/EO (Kantone: 10, 7 Mio., Gemeinden: 3,4 Mio.).
- 3,5 Mio. für Opferhilfe (Kantone: 3,5 Mio., Gemeinden: 26‘241 Franken).
Zu diesen total 12,7 Mrd. kommen geschätzte 3,1 Mrd. Franken (finanzielle und materielle Beiträge), die nicht gewinnorientierte Organisationen im Bereich der sozialen Sicherheit – es sind landesweit über 15‘000 – beisteuern, wobei es teilweise Überschneidungen geben dürfte (bereits einberechnete Subventionen seitens des Bundes, der Kantone und Gemeinden). Summa summarum: Etwa 16 Milliarden Franken der Gesamtausgaben für das schweizerische System der sozialen Sicherheit in Höhe von 163 Milliarden Franken sind bedarfsabhängige Sozialleistungen.
(aufgeschaltet im März 2015)
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